Dr. Susanne Konrad, Mitglied des Landesverbandes der Psychiatrie-Erfahrene Hessen e.V. und Autorin von Romanen und Sachbüchern (u.a.: „Kreativ und mutig. Der Weg zum eigenen Buch trotz psychischer Belastungen“) lud die Teilnehmenden bei einer Lesung in den Räumen der WALI ein, eine spannende und oft diskutierte Frage zu beleuchten: kann künstlerisches Schaffen eine heilende Wirkung haben, oder besteht die Gefahr, dass es tiefer in eine psychotische Episode führt oder psychisches Leiden noch verstärkt?
Viele Betroffene – darunter auch weltweit bekannte Künstlerinnen und Künstler – berichten von ihrer größten kreativen Leistung z.B. während einer Psychose, während andere fest davon überzeugt sind, dass ihre Werke besser gelingen, wenn sie sich in einem nicht-psychotischen bzw. krisenfreien Zustand befinden.
Mit großer Offenheit berichtete die Autorin von eigenen Krisenerfahrungen und ihrer „kreativen Bewältigung“. Sie las dabei aus eigenen Texten, in denen Sie Ihren Weg in und aus der Krise schilderte.
Die Lesung bot Raum für Reflexion und Diskussion: Was bedeutet kreatives Schaffen für Menschen mit psychischen Erkrankungen? Wo verläuft die Grenze zwischen Inspiration und Überforderung? Und wie lässt sich die Kreativität als heilsames Werkzeug nutzen, ohne die psychische Stabilität zu gefährden?
Kreativität als Ausdruck der Seele
Für viele Menschen, insbesondere für diejenigen, die unter psychischen Erkrankungen wie Psychosen leiden, ist kreatives Schaffen eine Möglichkeit, die tiefsten Empfindungen und inneren Konflikte auszudrücken. Es ermöglicht ihnen, ihre inneren Welten besser zu verstehen und zu verarbeiten. Doch der schöpferische Prozess birgt auch Gefahren: Wenn die Grenze zur Selbstüberforderung überschritten wird, kann das kreative Schaffen mehr Schaden als Nutzen anrichten.
Heilung durch kreatives Schaffen?
Ein zentraler Aspekt der Lesung war die Frage, inwieweit Kunst und Literatur eine therapeutische Wirkung haben können. Kreatives Schaffen gibt Menschen die Möglichkeit, Emotionen zu verarbeiten, die sie sonst schwer in Worte fassen könnten. Dieser Prozess kann tiefgreifende Selbstreflexion und Heilung fördern – und damit ein wichtiger Bestandteil der psychischen Genesung sein.
Die Schattenseite der Kreativität
Gleichzeitig gibt es auch eine dunklere Seite. Besonders im Zusammenhang mit Psychosen berichten Betroffene, dass sie sich in ihrem künstlerischen Schaffen verlieren können.
Was zunächst als befreiender Ausdruck empfunden wird, kann zu Überforderung führen und die psychische Stabilität gefährden. Wo also liegt der richtige Weg, und wie können Betroffene ihr kreatives Potenzial nutzen, ohne dabei die Balance zu verlieren?
Ein gemeinsamer Austausch über Kreativität und Krise
Ein besonderer Bestandteil der Lesung war die aktive Einbindung der Teilnehmenden. Mit kleinen Aufgaben, die von der Autorin gestellt wurden, konnten die Teilnehmenden von eigenen schöpferischen Erfahrungen in Krisenzeiten berichten und gemeinsam die negativen und positiven Seiten heraus arbeiten.
Diese Elemente luden dazu ein, sich nicht nur theoretisch, sondern auch ganz subjektiv mit der Thematik auseinanderzusetzen. Gleichzeitig boten sie Raum für Selbsterfahrung und den Austausch über persönliche Kreativ- und Krisenprozesse und deren Bewältigung.
Die Lesung war somit nicht nur ein theoretischer Diskurs, sondern eine praxisnahe Veranstaltung, die uns allen neue Perspektiven auf die Beziehung zwischen Kreativität und psychischen Erkrankungen eröffnet hat.
Organisiert vom Verband Psychiatrie-Erfahrene Hessen e.V. und der WALI
Organisiert wurde die Veranstaltung von der WALI, von Karla Keiner, die Mitglied im Vorstand des Landesverbandes Psychiatrie-Erfahrene Hessen e.V. ist und vom Verband selbst.
Wer Lust auf einen Austausch oder Infos zum Thema hat, kann sich gerne bei uns melden. Ansprechpartner ist Stefan Lerach. Zu erreichen am besten über seine Mailadresse: s.lerach@wali-wetzlar.de
Foto (von links): Stefan Lerach, Karla Keiner, Susanne Konrad und Pamela Huisgen