Der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (kda Bayern) veröffentlicht ein Erklärvideo: „Die Grundsicherung ist viel zu hoch! Oder?“
Die Sozialpolitik kommt nicht zur Ruhe. Eine „neue Grundsicherung“ soll bald das Bürgergeld ersetzen, das seinerseits erst 2023 „Hartz IV“ abgelöst hatte. Die Zielrichtung ist laut Koalitionsvertr-ag stärker weg vom Fördern hin zum Fordern – mit härterer Gangart in den Jobcentern, sei es bei Sanktionen oder in der Arbeitsvermittlung.
Die Reformpläne sind Ausdruck einer Debatte, die sich oft gegen die Armen wendet. Bürgergeldempfänger seien arbeitsunwillig, heißt es immer wieder in der Politik, und Arbeit lohne sich gar nicht mehr. Aber stimmt das überhaupt? Ein dreiminütiger Trickfilm des kda Bayern erklärt in kreativen Bildern, wie sich das Bürgergeld zusammensetzt, wer es bezieht und wie groß der Lohnabstand tatsächlich ist.
Unterstützung von Diakonie Deutschland und anderen Partnerorganisationen
Das Video „Die Grundsicherung ist viel zu hoch! Oder?“ wird auf Bundesebene von der Diakonie Deutschland, dem Evangelischen Verband Kirche – Wirtschaft – Arbeitswelt (KWA), der Nationalen Armutskonferenz (nak) und dem Armutsnetzwerk e.V., einem Verein von Menschen mit Armutserfahrung, unterstützt.
„Das Existenzminimum für alle Menschen zu garantieren, ist eine der verantwortungsvollsten Aufgaben des Staates“, sagte Philip Büttner, wissenschaftlicher Referent des kda Bayern. „Das ständige Schlechtreden der Grundsicherung und ihrer Bezieher, löst keine Probleme, aber verschärft die gesellschaftliche Spaltung.“ Menschen, die auf Grundsicherung angewiesen seien, bräuchten echte Teilhabe und Perspektiven, nicht noch mehr Ausgrenzung und Diffamierung, so Büttner.
Das Video finden Sie hier.
Das neue A-Info (Nr.221) ist da!
Das KOS Team (Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen) schreibt: „Liebe Kollegen und Kolleginnen, liebe Freunde und Freundinnen der KOS, das Bündnis „AufRecht bestehen“ hat den sozialpolitischen Teil der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/ CSU und SPD näher untersucht und findet viel Kritikwürdiges daran. Insgesamt bewertet das Bündnis die sozialpolitische Agenda der GroKo als rückwärtsgewandt, als Rückkehr zum alten Hartz-IV-System und als Politik der Entsolidarisierung der Gesellschaft. Des Weiteren befasst sich das A-Info Nr. 221 mit dem von der Nationalen Armutskonferenz veröffentlichten „Schattenbericht zur Armut in Deutschland“. Auch die Pläne der AfD zur Zerschlagung des Sozialstaats und ferner eine häufiger vorkommende Form falscher Rechtsbehelfsbelehrungen im Rahmen von Bescheiden der Jobcenter und deren Folgen für die Praxis der Sozialberatung beleuchten wir, ebenso einige neue Urteile des BSG zum Bürgergeld und zum Sozialhilferecht. Eine aufschlussreiche Lektüre und viele Anregungen für eure Arbeit wünscht euch KOS“.
Das Info könnt ihr hier herunter laden.
IAB: Kosten der Unterkunft im Bürgergeld – 70 Prozent der Befragten machen sich Sorgen um den Verlust ihrer Wohnung
Harald Thomè schreibt in seinem Newsletter 16/2025: „Eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt: Rund 70 Prozent der befragten SGB-II-Leistungsbeziehenden machen sich „etwas Sorgen“ oder „große Sorgen“, dass das Jobcenter nicht die vollen Kosten der Unterkunft übernimmt – und sie dadurch ihre Wohnung verlieren könnten.
Bewertung:
Diese Untersuchung trifft einen wunden Punkt, die sogenannte Wohnkostenlücke. Sie beschreibt die Differenz zwischen den tatsächlichen Wohnkosten und den vom Jobcenter übernommenen Beträgen. Diese Lücke müssen Betroffene häufig aus dem ohnehin knapp bemessenen Regelsatz bestreiten – was zu einer faktischen Unterschreitung des Existenzminimums führt.
Im Jahresdurchschnitt 2023 erhielten rund 325.000 Bedarfsgemeinschaften im SGB II – das sind etwa 11 Prozent aller Bedarfsgemeinschaften – nicht die vollen Unterkunftskosten erstattet. Die durchschnittliche Lücke betrug 107 Euro pro Monat und Haushalt. Besonders stark betroffen waren laut einer Anfrage von Caren Lay die Städte Freiburg und Frankfurt am Main. Die höchste durchschnittliche Lücke wurde mit 338 Euro monatlich in Stuttgart festgestellt.
Material zur Wohnkostenlücke: https://t1p.de/bvqar
Die nächste Untersuchung zur Wohnkostenlücke steht im Frühherbst 2025 an. Die neue Bundesregierung steht hier vor dringendem Handlungsbedarf – zumal im Jahr 2024 mit einem erneuten Anstieg nicht übernommener Wohnkosten durch die Jobcenter zu rechnen ist.
Anregungen für die neue Bundesregierung zu konkreten Maßnahmen:
- Ermittlung der „angemessenen Kosten der Unterkunft“ (KdU) anhand von Angebotsmieten, also der tatsächlich verfügbaren Mietpreise – nicht anhand eines Mischindexes aus Bestands- und Angebotsmieten.
- Begrenzung der KdU-Berechnung auf die reine Grundmiete. Betriebskosten wie Abwasser oder Grundsteuer liegen außerhalb des Einflussbereichs der Leistungsbeziehenden.
- Gesetzliche Festlegung, dass Sozialwohnungen stets als angemessen gelten. Das entspricht ihrem eigentlichen Zweck.
- Abschaffung der Begrenzung der KdU gemäß § 22 Abs. 1 Satz 6 SGB II wegen angeblich fehlender Umzugsnotwendigkeit. Rückwirkende Nachzahlung gekürzter Beträge bis Januar des Vorjahres analog § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II.
- Einführung einer Genehmigungsfiktion für beantragte Unterkunftskosten gemäß § 22 Abs. 4 Satz 1 SGB II – bei ausbleibender Entscheidung binnen drei Werktagen.
- Schaffung einer Inklusiven KdU, durch Aufnahme der Stromkosten aus den Regelleistungen in die KdU.“
Mehr über unsere Arbeit in den Feldern Beratung und Sozialpolitik erfahrt ihr „hinter den Links“.